Herkömmliche Sportarten wie Fußball, Tennis, Skifahrern, … geben der Bewegung an sich keinen Sinn. Natürlich müssen wir uns bewegen um einen Ball zu treffen, den Berg herunter zu fahren, aber von wirklicher Sinnhaftigkeit der Bewegung kann hier nicht wirklich gesprochen werden. Im Breitensport, insbesondere dem Mannschaftssport, geht es meistens um die Gemeinschaft. Sich gemeinsam bewegen, gemeinsam spielen. Bis hin zur Altherren(Damen)mannschaft, die oft zur Ausrede genutzt wird, um im Vereinsheim ein Bierchen zu trinken. Gemeinschaft halt! Im Leistungssport, werden Bewegungen optimiert, es wird intensiv trainiert um Erfolg zu haben. Im Spitzenbereich zahlt sich dieser Erfolg in barem Geld aus, allen anderen geht es meistens nur um den Leistungsvergleich, bzw. die eigene Leistung immer weiter zu steigern. In den Kampfkünsten ist der Sinn der Bewegung einen Gegner zu schlagen, treten, hebeln oder zu werfen. Im Fitnessbereich steht der durchtrainierte, ästhetische Körper im Vordergrund. Bewegung führt uns zu unserem Traumkörper!
Ich möchte jetzt nicht alle oben genannten Sportarten schlecht reden. Ganz im Gegenteil. Bis auf einige Kampfkünste versprechen die Sportarten nur das was sie auch wirklich bieten. Beim Fußball geht ja nicht um spirituelles Wachstum, oder Energiearbeit. Allerdings möchte ich den Fokus nur auf Bewegung richten und der reinen Bewegung an sich einen anderen Sinn geben.
Was wäre, wenn für uns der Sinn von Bewegung wäre, Körper, Geist und Emotionen zusammenzuführen. Die Bewegung bringt unseren Geist und unsere Gefühlswelt zurück zum Körper, zu einer Einheit. Bewegung als Methode, um unseren Körper zu spüren und unser Körpergefühl zu verfeinern. Wir erfahren unseren Körper dann wieder als Ganzes und nehmen ihn bewusst war. Aber wie können wir uns das vorstellen?
In der TCM wird zwischen der Körperseele „Po“ und der Wanderseele „Hun“ unterschieden. Die Körperseele Po ist eng mit den 7 unbewussten Emotionen verbunden. Sie wird über den Funktionskreis Lunge reguliert und ist deswegen auch eng mit der Haut und den äußeren Gewebeschichten verbunden. Somit ist die Haut als Sinnesorgan eng mit der Körperseele verbunden und bietet uns so auch einen Zugang zur Körperseele. In Giovanni Maciocias „Die Psyche in der chinesischen Medizin“ finden wir dazu:
„Die Körperseele, die eng mit dem Körper verbunden ist, ist das erste was durch Einstechen einer Akkupunkturnadel beeinflusst wird; das sich fast unmittelbar nach dem Einführen der Nadel einsetzende Entspannungsgefühl ist auf eine Lockerung der Körperseele zurückzuführen.“ [Vergl. Giovanni Maciocia: Die Psyche in der chin. Medizin S. 56]
Allerdings ist die Akkupunkturnadel nicht die einzige Möglichkeit die Haut und das Fasziengewebe zu entspannen. Die Übungen des Tai Chi Dao Yin sind sehr gut geeignet, um hier schnell und gezielt zur Entspannung der Faszien und somit zur Beruhigung der Körperseele zu führen, da es während der Durchführung zu einem ruhigen, harmonischen Wechsel von unterschiedlichen Körperspannungen kommt. Das Fasziengewebe wird also durch Zug- und Torsionsspannungen gelockert und elastischer.
Weiter lesen wir bei Macciocia:
„Da die Körperseele ihren Sitz in der Lunge hat, ist sie eng mit der Atmung verbunden. Die Atmung kann als das Pulsieren der Körperseele betrachtet werden.“ [Vergl. Giovanni Maciocia: Die Psyche in der chin. Medizin S. 58]
Die Atmung ist somit ein weiterer Zugang zur Körperseele und kann uns helfen ausgeglichener zu werden und tiefere Entspannungszustände zu erreichen. Das Luo Han Qi Gong führt beide hier genannten Ansätze zusammen. Zu Beginn wird der Körper insgesamt gekräftigt und das Fasziengewebe wird elastisch. Die nächste Stufe im Luo Han Qi Gong ist dann die Harmonisierung der Atmung mit der Bewegung. Je besser uns das gelingt, desto mehr spüren wir eine ruhige, pulsierende Atembewegung am ganzen Körper. Die Spannungsverläufe im Fasziengewebe, die durch die äußeren Bewegungen hervorgerufen werden, synchronisiert mit dem Pulsieren der Atembewegung vermittelt uns ein tiefes Körperverständnis, so dass wir die hier beschriebenen Zusammenhänge tatsächlich zu einer körperlichen Erfahrung werden.
Es mag sein, dass einige Leser jetzt denken: „Was für eine Psychokram; Körperseele, Emotionen, … „ Das kann ich verstehen, aber hierbei handelt es sich um alte daoistische Lehren, die auf Erfahrung beruhen und sich über lange Zeit in der TCM bewährt haben. Wenn wir ehrlich sind und unsere Mitmenschen beobachten erkennen wir das auch. Kein Mensch wird als z.B. ängstlicher Mensch geboren. Aber durch unsere Erfahrungen, die wir machen, können wir zu einem ängstlichen Menschen werden. Erfahrungen sind immer mit bewussten und unbewussten Emotionen verbunden, die sich in unserer Körperspannung manifestieren und unsere Körperhaltung auf die Dauer beeinflussen. Ein Mensch, der in einem „wohlbehüteten, liebevollen“ Umfeld aufgewachsen ist, hat einen anderen Körperausdruck als jemand, der mit ständiger Angst und Gewalt groß wird. Diese Lebensumstände werden als unbewusste Emotionen in der Körperseele „gespeichert“. Andere unbewusste Emotionen können durch Traumata ausgelöst werden. Letztendlich ist jede Begegnung, jede Situation mit bewussten wie auch unbewussten Emotionen verbunden. Die Körperseele, die Ausdruck in unserer Körperspannung findet ist also so etwas wie die „Summe unserer Erfahrungen“. Deswegen „fühlt“ sich jeder Mensch anders an. Menschen, die z.B. Angst vor Veränderung haben, haben häufig auch eine hohe Körperspannung und ihre Feinmotorik ist nicht so ausgeprägt. Durch Bewegung, welche die Körperspannung löst, lässt sich auch der Mut zu Veränderungen steigern. Wichtig ist allerdings die Unterscheidung zwischen unbewussten und bewussten Emotionen. Nur die unbewussten Emotionen werden in der Körperseele gespeichert. Natürlich sind das nur sehr kurz beschriebene Beispiele. Aber vielleicht regt das ja zu eigenen Beobachtungen an!
Die hier beschriebenen Zusammenhänge zwischen Bewegung und der Körperseele funktionieren natürlich wechselseitig. „Falsche“ Bewegung kann unsere Körperstruktur, die Körperspannung und somit auch Körperseele natürlich auch aus dem Gleichgewicht bringen.
Das wirft dann natürlich sehr wichtige Fragen auf:
Was verbinden wir mit Bewegung?
Wie bewusst bewegen wir uns beim Sport?
Wie bewusst bewegen wir uns durch den Tag? – Oder bewegen wir uns zu wenig?
Oder anders gesagt: Wenn wir die Zusammenhänge wirklich körperlich (und nur das körperliche Verständnis zählt) verstanden haben, so haben wir eine geniale Methode in der Hand, um unseren Alltag zu bereichern. Mehr noch, wir werden wieder in die Lage versetzt selbstbestimmt Entscheidungen zu treffen, da wir aufgrund einer ruhigen Körperseele die Dinge viel klarer sehen.
Also welchen Sinn hat Bewegung für euch?!
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