Bewegung lernen Stufe  1

In dieser Stufe beschäftigen wir uns hauptsächlich mit dem „äußeren Körper“. Wir betrachten die Bewegung nur äußerlich, um die Bewegung, bzw. Bewegungsablauf erst einmal zu lernen.

Die Ziele sind zuerst:

– Die Bewegungsabfolgen zu lernen und zu verinnerlichen.

– Zu erkennen, aus welchen Stellungen sich die Bewegungsabfolgen zusammensetzen.

– Zu erkennen, aus welchen Grundübungen sich die Bewegungsabfolge zusammensetzt. (Das ist doch wie in der Übung xy, …)

– Zu erkennen, in welchen Ebenen die jeweiligen Bewegungen statt finden. (Horizontal/Vertikal/Diagonal)

Wie soll in dieser Phase geübt werden?

Die Bewegungen müssen groß ausgeführt werden, damit wir die Bewegungen besser verstehen können. Die Stellungen sollten nach Möglichkeit tief gestanden werden. Große Bewegungen und tiefe Stellungen trainieren den Körper intensiver.

Nach dieser ersten Phase der körperlichen Anstrengung, können wir anfangen die Bewegungen zu analysieren.

Das Augenmerk sollte zuerst auf die äußeren Bewegungsketten gelegt werden. Dazu sollten wir auf die 7 Sterne achten, also Fuß-, Knie-, Hüft-, Schulter-, Ellenbogen-, Handgelenke und den Kopf. Gerade in dieser Phase des Übens müssen wir die Bewegungen groß machen, damit wir das Zusammenspiel der 7 Sterne verstehen können. Die Analyse fällt uns leichter, wenn wir aus den Formen einzelne Bewegungssequenzen herausnehmen und diese wie Grundübungen wiederholen.

Eine wichtige Frage sollten wir uns dann beantworten: Wo und wie fängt die Bewegung an und wo/wie hört sie wieder auf?

Eine Vertiefungsstufe dieser mechanischen Bewegungsanalyse ist die Unterscheidung einzelner Teilbewegungen in Gewichtung und Hüftdrehung.

Wichtig: In dieser Stufe des Lernens steht das trainieren der Muskulatur im Vordergrund! Deswegen ist es wichtig, dass wir die Bewegungen groß machen und die Stellungen tief stehen.

Aber: Wir müssen lernen auf unseren Körper zu hören! D.h., dass wir unseren Körper auch nicht überfordern sollten. Wenn wir uns saft- und kraftlos fühlen, aber trotzdem üben wollen, dann können wir die Stellungen natürlich auch höher stehen. Wir sollten dann aber versuchen die Entspannung Stufe 1(muskuläre Ebene) mit umsetzen. Die Bewegungen können wir dann natürlich leichter umsetzen, allerdings müssen wir uns dann mehr auf die Analysekriterien konzentrieren, da die 7 Sterne und die Aufteilung in Gewichtung und Hüfdrehung nicht mehr so deutlich ist.

Ziel ist es, die Entspannung Stufe 1 auch in den tiefen Stellungen mit den großen Bewegungen umzusetzen. Denn dann können helfen uns die Analysekriterien die Bewegung so weit zu verinnerlichen bis wir die Bewegung fühlen. Gemeint ist damit, dass wir die Bewegungsabfolgen ohne zu überlegen ausführen können, aber es spüren, wenn z.B. die Stellung/die Bewegungsebenen/… nicht stimmt/stimmen.

Bewegung lernen Stufe 2:

 

Da die meisten Bewegungsschulen nicht über die erste Stufe hinausgehen, ist es an dieser Stelle vielleicht wichtig, noch einmal das Ziel der Methodik zu beschreiben, damit wir als Übende wissen, worauf alles hinausläuft.

 

Das Ziel dieser Bewegungsmethodik ist es, dass wir ab einem bestimmten Niveau in der Lage sind die äußere Bewegung des Körpers mit der inneren Bewegung unserer Körperenergie zu synchronisieren und die Gesetze nach denen diese innere Bewegung sich vollzieht zu verstehen.

Die Chinesen bezeichnen diese Energie mit dem Begriff Qi. Das Qi hat allerdings verschiedene Qualitäten. Es gibt sowohl materielle Energie (z.B. unser Körper), flüssige Energie (unsere Körperflüssigkeiten) und gasförmige Energie (z.B unser Atem). In unseren Körper können wir, in Bezug auf Bewegung immer zwei „Harmonien“ bilden:

 

  1. Die Muskelbewegung wird mit der Bewegung der Körperflüssigkeiten harmonisiert. (vergl. Ostheopathie)

 

  1. Die Knochenbewegung wird mit der Bewegung der gasförmigen Energie harmonisiert.

 

Das Ziel ist somit, dass sich der Körper als „Ganzes“ bewegt und wir die Bewegung im Ganzen verstehen!

 

Vorraussetzungen für die Stufe 2:

  1. Um eine Bewegung auf dem Niveau der Stufe zwei weiter verfeinern zu können, muss immer wieder Stufe 1 durchlaufen werden. Denn ich muss die Bewegung ohne nachzudenken ausführen können, damit ich meinen Aufmerksamkeit auf die folgenden Punkte lenken kann.

 

  1. Ohne ein grundlegendes Verständnis der 2. Stufe des Körpergefühls, wird es dem Übenden nicht möglich sein die 1. Stufe des Lernens einer Bewegung zu überwinden.

 

  1. Die Messmethoden für eine korrekte Haltung müssen angewendet werden können.

 

Das Ziel der zweiten Stufe ist die Umsetzung der korrekten Haltung in die Bewegungen. Da die Verfeinerung der Haltung ein nie endender Prozess ist, kann natürlich auch die Stufe immer weiter verfeinert werden. Aber für das eigene Training ist eine systematische Schwerpunktsetzung wichtig.

 

Nachdem wir also die Bewegung verinnerlicht haben, versuchen wir nun unsere Aufmerksamkeit auf die korrekte Haltung zu legen. Am Ende einer Bewegung wird die Endposition länger gehalten, um  die Haltung mit Hilfe der Messpunkte zu korrigieren. Hier ist jetzt natürlich die Erfahrung aus Stufe 1 wichtig, wo eine Bewegung anfängt und wo sie wieder aufhört. Sind wir es aus Stufe 1 gewohnt zwischen Hüftdrehung und Gewichtung zu unterscheiden, so können wir auch in Stufe 2 versuchen die korrekte Haltung bei der Gewichtung zu und der Hüftdrehung zu halten. Das Gefühl für die äußeren Harmonien (Hüfte-Schulter, Knie-Ellenbogen, Fuß-Hand) helfen uns die korrekte Haltung nicht nur in den Endpositionen umzusetzen, sondern auch während der Bewegung zu halten. Wichtig ist, das wir die äußeren Harmonien sowohl linear, also z.B. linke Hüfte mit linker Schulter, …, wie auch diagonal, also linke Hüfte mit rechter Schulter, …, spüren können. Denn bei der Hüftdrehung brechen wir eher die linearen Harmonien und bei einer Gewichtung eher die diagonalen Harmonien.

Je mehr die Messpunkte und somit die korrekte Haltung zu einem Gefühl werden, desto feiner können die Einteilungen der Bewegung werden. Also der Wechsel aus einer horizontalen Bewegung in eine vertikale/diagonlen Bewegung. Hebende oder senkende Bewegungen. Bewegungen zum Körper hin oder vom Körper weg. …

Häufigste Fehler:

Die Endpositionen werden nicht genau genug eingenommen. Die Gründe dafür sind oft fehlende Kraft, da die korrekte Haltung anstrengend ist, oder das Spüren einer Blockade. Wenn die korrekte Haltung also eingenommen wird, spürt man eine Blockade, so dass der Übergang in die anschließende Bewegung nicht fließend erfolgen kann. Durch das Umgehen der korrekten Endposition wird dann zwar die Bewegungsabfolge oberflächlich gesehen fließend, aber die Haltung wird gebrochen. Das Spüren solcher Blockaden ist schon sehr gut, da wir nun selber in der Lage sind unsere Haltung zu spüren. Deswegen sollte wir „froh“ über solche Stellen sein, da wir nun gezielt diesen Übergang üben können. Wir können nun auch andere Übergänge überprüfen! Deswegen gilt auch hier wieder, langsam üben und das richtige Ziel nicht aus den Augen zu verlieren!

 

Bewegung lernen Stufe 3:

Die Vorraussetzungen, um mit Stufe 3 beginnen zu können ist zum einen das Körpergefühl der Stufe 3 und zum anderen ein gutes Gefühl für unsere Körperhaltung, so dass wir die Haltung ohne große Aufmerksamkeit umsetzen können. Wir haben also wieder Kapazitäten frei, um unsere Aufmerksamkeit auf andere Aspekte der Bewegung lenken zu können. Durch das Umsetzten der Haltungsaspekte, haben wir ein stabiles Gefäß geschaffen, in dem wir Neues entdecken können. Ist das Gefäß allerdings nicht stabil genug, so werden wir es nicht schaffen uns systematisch an die neuen Aspekte von Bewegung heranzuarbeiten.

Das Ziel der Stufe 3 ist dann die „perfekte Bewegung“! Hört sich gut an, werden wir aber nie erreichen, da wir uns immer nur weiter verbessern können. Deswegen möchte ich einige „kleinere“ Ziele nennen, die sich auf verschiedenen Niveaustufen einstellen. Die Reihenfolge der Ziele bezieht sich auf meine persönliche Erfahrung. Sie kann gegebenenfalls auch variieren.

1. Wir spüren der Fluss unserer Körperflüssigkeiten, also das flüssige Qi.

2. Wir spüren unsere Dan Tien Bewegung. (Dan Tien = Energiezentrum im Unterbauch)

3. Wir können die Dan Tien Bewegung mit dem Fluss der Energie zusammen spüren.

4. Wir verstehen die Dan Tien Bewegung.

5. Das Dan Tien übernimmt die Steuerung der Bewegung.

Wenn wir verschiedene energetische Spannungszustände in unserem Körper spüren können, dann ist es wichtig, dass wir in den Endpositionen der Bewegungen innehalten, um den sich eingestellten Zustand zu spüren. So werden nach und nach die Endzustände deutlich. Unterteilen wir nun unsere Bewegungen wieder immer feiner, wie in Stufe 2, so spüren wir nach und nach wie sich die Körperspannung durch unseren Körper zieht und wie sie sich mit der Bewegung verändert. Wir können das z.B. durch das Heben und Senken eines Armes üben. Wobei wir bei einer solchen singulären Bewegung schon ein sehr gutes Körpergefühl brauchen. Wir können spüren, wie sich der Spannungszustand in unserem Körper bei einer Gewichtung, Hüftdrehung, … ändert. Nach und nach spüren wir dann, dass die Übergänge fließend sind. Wir spüren den Fluss der Energie.

Je zentrierter wir durch die Verbesserung unserer Körperhaltung werden, desto stärker wird unser Dan Tien-Gefühl. Mit den oben genannten Unterteilungen von Bewegung und dem stärker werdenden Dan Tien Gefühl, können wir nun systematisch die Dan Tien Bewegung untersuchen. Nach und nach werden wir dann Zusammenhänge zwischen der Dan Tien Bewegung und dem Energiefluss erkennen. Wenn wir die Dan Tien Bewegung besser verstehen und den Energiefluss spüren, können wir anfangen einen wichtigen Aspekt von Bewegung umzusetzen. Die Idee ist, dass wir eine Bewegung denken, dass Dan Tien führt die Bewegung aus und der Körper folgt der Dan Tien Bewegung. Dazu müssen wir loslassen und den Startpunkt der Bewegung bewusst in unseren Unterbauch legen um die Bewegung dort starten zu lassen. Der Prozess kehrt sich also um! Haben wir am Anfang unseres Trainings uns mit der Bewegung der Hände beschäftigt, um nach und nach über die Körperhaltung zum Dan Tien zu kommen, versuchen wir es nun umgekehrt. An dieser Stelle lässt sich auch verdeutlichen, wie wichtig die richtige Idee der Bewegung ist. Ich wäre niemals von alleine auf die Idee gekommen, den Prozess umzudrehen! Hätte ich die Idee also nicht durch meinen Lehrer Gerhard Milbrat vermittelt bekommen, dann könnte ich den Prozess nur bis dort hin weiter verfeinern. Betrachten wir nun das ganze aus der Sicht der Kampfkunst, dann müssen wir noch einen Schritt weiter gehen. Viele Kampfsituationen ergeben sich so schnell, dass ein Bewusstes vordenken von Bewegung nicht mehr möglich ist. Wir müssen dann auf unsere Intuition und sich der daraus ergebenen Bewegung des Dan Tien vertrauen. Die Stufe des bewussten Denken muss also in solchen Situationen übersprungen werden.

Die häufigen Fehler in dieser Stufe sind das Vernachlässigen der Bewegungsprinzipien und der Messmethoden. Wir freuen uns so über das Erreichte und wollen nur noch spüren. Eine systematische Untersuchung ist dann allerdings nicht mehr möglich. Die Aufmerksamkeit für die Haltung lässt dann oft nach, so dass wir eigentlich Rückschritte machen. Nur wenn wir die Bewegung nach genauen Prinzipien unterteilen, können wir den Energiefluss und das Dan Tien Gefühl identifizieren. Wenn ich spüre, wie sich eine hebende Bewegung anfühlt, wenn ich den Energiefluss und die Dan Tien Bewegung dazu kenne, werde ich in vielen anderen Bewegungen kleine, nicht so deutliche hebende Bewegungen spüren können. Die Bewegung wird mir somit viel klarer und ich kann sie wieder feiner unterteilen.

Ich weiß nicht, ob es eine sinnvollere Einteilung der Bewegungsstufen gibt, oder ob die Einteilung in Stufen überhaupt Sinn macht. Die Übergänge zwischen den Stufen sind immer fließende und wir müssen immer auch wieder zurück zu den Anfängen, also der Stufe 1. Drei Punkte wollte ich allerdings ganz klar herausarbeiten:

1. Wir brauchen eine klare, weitreichende Idee von dem was Bewegung alles sein kann!

2. Wir brauchen eine klare Methodik, damit wir uns in dem ganzen Thema nicht verlaufen. Dan Tien, Energie, Haltung, Körpergefühl, … sind ganz klare, spürbare Aspekte, die ich mir mit einer richtigen Vorgehensweise nach und nach erschließen kann.

3. Wir brauchen viel Zeit, Ausdauer und Durchhaltevermögen. Wenn wir also nach einem Jahr Training noch nicht bei Stufe 3 angekommen sind, dann ist das völlig normal!

Nur mit Geduld und viel Fleiß kommen wir weiter.

Meister Sun sagt dazu: „Es gibt keine Abkürzung, nur Fleiß führt zum Ziel.“

Die Sinnhaftigkeit von Bewegung!

Herkömmliche Sportarten wie Fußball, Tennis, Skifahrern, … geben der Bewegung an sich keinen Sinn. Natürlich müssen wir uns bewegen um einen Ball zu treffen, den Berg herunter zu fahren, aber von wirklicher Sinnhaftigkeit der Bewegung kann hier nicht wirklich gesprochen werden. Im Breitensport, insbesondere dem Mannschaftssport, geht es meistens um die Gemeinschaft. Sich gemeinsam bewegen, gemeinsam spielen. Bis hin zur Altherren(Damen)mannschaft, die oft zur Ausrede genutzt wird, um im Vereinsheim ein Bierchen zu trinken. Gemeinschaft halt! Im Leistungssport, werden Bewegungen optimiert, es wird intensiv trainiert um Erfolg zu haben. Im Spitzenbereich zahlt sich dieser Erfolg in barem Geld aus, allen anderen geht es meistens nur um den Leistungsvergleich, bzw. die eigene Leistung immer weiter zu steigern. In den Kampfkünsten ist der Sinn der Bewegung einen  Gegner zu schlagen, treten, hebeln oder zu werfen. Im Fitnessbereich steht der durchtrainierte, ästhetische Körper im Vordergrund. Bewegung führt uns zu unserem Traumkörper!

Ich möchte jetzt nicht alle oben genannten Sportarten schlecht reden. Ganz im Gegenteil. Bis auf einige Kampfkünste versprechen die Sportarten nur das was sie auch wirklich bieten.  Beim Fußball geht ja nicht um spirituelles Wachstum, oder Energiearbeit. Allerdings möchte ich den Fokus nur auf Bewegung richten und der reinen Bewegung an sich einen anderen Sinn geben.

Was wäre, wenn für uns der Sinn von Bewegung wäre, Körper, Geist und Emotionen zusammenzuführen. Die Bewegung bringt unseren Geist und unsere Gefühlswelt zurück zum Körper, zu einer Einheit. Bewegung als Methode, um unseren Körper zu spüren und unser Körpergefühl zu verfeinern. Wir erfahren unseren Körper dann wieder als Ganzes und nehmen ihn bewusst war. Aber wie können wir uns das vorstellen?

In der TCM wird zwischen der Körperseele „Po“ und der Wanderseele „Hun“ unterschieden. Die Körperseele Po ist eng mit den 7 unbewussten Emotionen verbunden. Sie wird über den Funktionskreis Lunge reguliert und ist deswegen auch eng mit der Haut und den äußeren Gewebeschichten verbunden. Somit ist die Haut als Sinnesorgan eng mit der Körperseele verbunden und bietet uns so auch einen Zugang zur Körperseele. In Giovanni Maciocias „Die Psyche in der chinesischen Medizin“ finden wir dazu:

„Die Körperseele, die eng mit dem Körper verbunden ist, ist das erste was durch Einstechen einer Akkupunkturnadel beeinflusst wird; das sich fast unmittelbar nach dem Einführen der Nadel einsetzende Entspannungsgefühl ist auf eine Lockerung der Körperseele zurückzuführen.“ [Vergl. Giovanni Maciocia: Die Psyche in der chin. Medizin S. 56]

Allerdings ist die Akkupunkturnadel nicht die einzige Möglichkeit die Haut und das Fasziengewebe zu entspannen. Die Übungen des Tai Chi Dao Yin  sind sehr gut geeignet, um hier schnell und gezielt zur Entspannung der Faszien und somit zur Beruhigung der Körperseele zu führen, da es während der Durchführung zu einem ruhigen, harmonischen Wechsel von unterschiedlichen Körperspannungen kommt. Das Fasziengewebe wird also durch Zug- und Torsionsspannungen gelockert und elastischer.

Weiter lesen wir bei Macciocia:

„Da die Körperseele ihren Sitz in der Lunge hat, ist sie eng mit der Atmung verbunden. Die Atmung kann als das Pulsieren der Körperseele  betrachtet werden.“ [Vergl. Giovanni Maciocia: Die Psyche in der chin. Medizin S. 58]

Die Atmung ist somit ein weiterer Zugang zur Körperseele und kann uns helfen ausgeglichener zu werden und tiefere Entspannungszustände zu erreichen. Das Luo Han Qi Gong führt beide hier genannten Ansätze zusammen. Zu Beginn wird der Körper insgesamt gekräftigt und das Fasziengewebe wird elastisch. Die nächste Stufe im Luo Han Qi Gong ist dann die Harmonisierung der Atmung mit der Bewegung. Je besser uns das gelingt, desto mehr spüren wir eine ruhige, pulsierende Atembewegung am ganzen Körper. Die  Spannungsverläufe im Fasziengewebe, die durch die  äußeren Bewegungen hervorgerufen werden, synchronisiert mit dem Pulsieren der Atembewegung vermittelt uns ein tiefes Körperverständnis, so dass wir die hier beschriebenen Zusammenhänge tatsächlich zu einer körperlichen Erfahrung werden.

Es mag sein, dass einige Leser jetzt denken: „Was für eine Psychokram; Körperseele, Emotionen, … „ Das kann ich verstehen, aber hierbei handelt es sich um alte daoistische Lehren, die auf Erfahrung beruhen und sich über lange Zeit in der TCM bewährt haben. Wenn wir ehrlich sind und unsere Mitmenschen beobachten erkennen wir das auch. Kein Mensch wird als z.B. ängstlicher Mensch geboren. Aber durch unsere Erfahrungen, die wir machen, können wir zu einem ängstlichen Menschen werden. Erfahrungen sind immer mit bewussten und unbewussten Emotionen verbunden, die sich in unserer Körperspannung manifestieren und unsere Körperhaltung auf die Dauer beeinflussen. Ein Mensch, der in einem „wohlbehüteten, liebevollen“ Umfeld aufgewachsen ist, hat einen anderen Körperausdruck als jemand, der mit ständiger Angst und Gewalt groß wird. Diese Lebensumstände werden als unbewusste Emotionen in der Körperseele „gespeichert“. Andere unbewusste Emotionen können durch Traumata ausgelöst werden. Letztendlich ist jede Begegnung, jede Situation  mit bewussten wie auch unbewussten Emotionen verbunden. Die Körperseele, die Ausdruck in unserer Körperspannung findet ist also so etwas wie die „Summe unserer Erfahrungen“. Deswegen „fühlt“ sich  jeder Mensch anders an. Menschen, die z.B. Angst vor Veränderung haben, haben häufig auch eine hohe Körperspannung und ihre Feinmotorik ist nicht so ausgeprägt. Durch Bewegung, welche die Körperspannung löst, lässt sich auch der Mut zu Veränderungen steigern. Wichtig ist allerdings die Unterscheidung zwischen unbewussten und bewussten Emotionen. Nur die unbewussten Emotionen werden in der Körperseele gespeichert. Natürlich sind das nur sehr kurz beschriebene Beispiele. Aber vielleicht regt das ja zu eigenen Beobachtungen an!

Die hier beschriebenen Zusammenhänge zwischen Bewegung und der Körperseele funktionieren natürlich wechselseitig. „Falsche“ Bewegung kann unsere Körperstruktur, die Körperspannung und somit auch Körperseele natürlich auch aus dem Gleichgewicht bringen.

Das wirft dann natürlich sehr wichtige Fragen auf:

Was verbinden wir mit Bewegung?

Wie bewusst bewegen wir uns beim Sport?

Wie bewusst bewegen wir uns durch den Tag? – Oder bewegen wir uns zu wenig?

Oder anders gesagt: Wenn wir die Zusammenhänge wirklich körperlich (und nur das körperliche Verständnis zählt) verstanden haben, so haben wir eine geniale Methode in der Hand, um unseren Alltag zu bereichern. Mehr noch, wir werden wieder in die Lage versetzt selbstbestimmt Entscheidungen zu treffen, da wir aufgrund einer ruhigen Körperseele die Dinge viel klarer sehen.

Also welchen Sinn hat Bewegung für euch?!

 Die chinesische Tradition unterscheidet mehrere Seele: die Körperseele,…. Bewegung kann diese Seele zusammenführen. Vergleich: Tennisschlag und Faustschlag Beim Tennisschlag ist der Focus auf den Ball gerichtet. Ob ich einen Topspin oder slice ausführe ist nur ein inneres Programm, für das ich mich mehr oder weniger unbewusst entscheide. Das Programm läuft automatisch ab. Bei Üben eine bewegungssequenz in einer Kampfkunst stelle ich mir den Gegenr vor und früher so die entsprechende Bewegung aus. In beiden fällen ist der Focus mehr beim Ball oder beim Gegenr. Weniger bei unserem Körper und unserer Körperwahrnehmung.

.

Gefühle, dren wir uns nicht bewusst sind, gehören zur Körperseele Po, während Emotionen den Geist (Shen) und die Wanderseele  Hun mit beeinflussen.

Der Geist ist verantwortlich für das Bewusstsein und diejenige Instanz, die die Emotionen auf einer kognitiven Ebene wahrnimmt und sie auch fühlt. Aus diesem Grund wirken sich alle Emotionen auch auf das Herz aus. Jedoch nicht nur alle Emotionen, sondern auch Gefühle, die noch nicht ins Bewusstsein getreten sind, haben einen Einfluss auf die Körperseele. Aus diesem Grund ist die Therapie der Lunge sehr wichtig bei emotionalen Problemen, um die Körperseele und über sie den Geist zu besänftigen. [S.57]

Die Wandrseele Hun ist eng mit den Bewussten Emotionen verbunden.

Die Wanderseele Hun hat ihren Sitz in den drei Dan Tien. Diese können wir über die 8 Sondermeridiane, ausgehend vom Gürtelgefäß mit mehr Energie versorgen. Somit können wir in diesen drei bereichen der Hun Seele wachsen. (Genauer nachschlgen)

Die Wanderseele ist verantwortlich für die Beziehungen und Verbindungen zu anderen Menschen Famielie und Gesellschaft.  [S. 31]

Die Wanderseele versorgt den Geist, der für rat. Denken zuständig ist, mit Intuition und Inspiration. [S. 34] d.h durch bewegung werden wir intuitiver und kreativer!

Durch bewegung lösen wir verspannungen in der Muskulatur und Gewebe. Die Körperseele kann entspannen.

Dadurch lernen wir die Regionen der 8 Sondermeridiane zu entspannen. Ausgehend vom DAI MAI wird die Energie verteilt. So wird auch der Fluss in dem Lungenfunktionskreis und Leber erhöht. Sitz von Körperseele und Wanderseele. Diese werden also durch das Jing Qi genährt.

Die Wanderseele ist dafür verantwortlich, ein normales Gleichgewicht zwischen Reizung und Zügelung unseres Gefühleslebens zu bewahren, und zwar unter Führung des Herzens und des Geistes. Emotionen sind ein normaler Bestandteil unsere psychischen Lebens; wir alle verspüren bei bestimmten Anlässen in unserem Leben Zorn, Trauer, Sorge oder Furcht. Sie führen normalerweise nicht zu Krankheiten. Die Wanderseele, die für den intuitiven Anteil unseres Geistes verantwortlich ist,  spielt eine Rolle dabei, ein emotionales Gleichgewicht zu halten. [S. 35]

 Durch die Stärkung der Wanderseele erreichen wir also so den Innere Zusammenschluss: von Herz und Verstand! Lernen wir in der Bewegung umzusetzen.

Die Wanderseele wird von der Leber beherbergt und ist das regulierende Organ.

Idee und Methode von Bewegung

Um Bewegung lernen zu können, brauchen wir die richtige Idee von Bewegung! Die Idee bestimmt die Tiefe des Verständnisses von Bewegung, das wir erreichen können.

Beispiel:

1. Wenn die Idee ist Bewegung und Vorstellung zu kombinieren, dann wird es sehr schwer ein tieferes Verständnis zu bekommen, es sei denn, meine Idee verändert sich.

2. Wenn die Idee aber ist die Vorstellung, alle Sinne auf die Bewegung zu konzentrieren um den Energiefluss zu spüren, zu verstehen um die Bewegung dem Energiefluss anzupassen, dann wird mein Verständnis von Bewegung ein ganz anders.

Wenn Idee 1 für mich 100% sind, erreiche ich vielleicht irgendwann 90 %. Wenn Idee 2 für mich 100 % bedeuten, erreiche ich evt. nur 80 %. Aber diese 80% bedeuten ein weit tieferes Verständnis von Bewegung, als die 90% von Idee 1.

Aber nur eine Idee von Bewegung reicht nicht aus, sondern wir brauchen auch eine passende Methode.

Idee und Methode müssen also kompatibel sein!

Die Idee von Bewegung:

Das Konzept der natürlichen Bewegung

Was ist eine natürliche Bewegung?

Unter einer natürlichen Bewegung verstehe ich das natürliche Zusammenspiel von Körper, Geist und Energiefluss. Der Geist veranlasst die Bewegung, die Energie fließt und der Körper folgt dem Energiefluss. Es entsteht ein kontinuierlicher Bewegungsfluss, der nur durch eine bewusste Entscheidung unterbrochen wird. Die äußere (Bewegung des Körpers) und die innere (der Energiefluss) Bewegung sind in Harmonie.

Fehlt die Harmonie, kommt es zu Dysbalancen  zwischen innen und außen.

Beispiel:

Wenn ich bei einer Drehung aus dem Gleichgewicht komme, kann eine falsche Haltung die Ursache sein. Der Körper ist zum Beispiel zu weit nach vorne gebeugt. Ich habe also eine Dysbalance in der äußeren Struktur.  Bei der Drehung entsteht dann ein Drehmoment, welches mich aus dem Gleichgewicht bringt. Bin ich aber in der Haltungskorrektur schon recht weit fortgeschritten, so liegt die Ursache woanders. Eine mögliche Ursache könnte dann sein, dass ich die äußere Bewegung zu sehr forciere. Ich folge also nicht mehr dem Prinzip der Natürlichkeit. Das kann dazu führen, dass die Energie, aufgrund des Bewegungsflusses der vorherigen Bewegung auf dem Weg nach oben ist, ich mich aber jetzt unbedingt drehen will. Es entsteht eine Dysbalance zwischen der inneren und der äußeren Bewegung und ich verliere das Gleichgewicht.

Spüre ich aber den Energiefluss und verstehe ihn, dann muss ich „nur noch loslassen“. Das Dan Tien bewegt mich dann. Kann ich das Wu Wei Prinzip (Handeln durch Nichthandeln) umsetzen, so wird meine Bewegung natürlich.

Die innere Bewegung, also der Energiefluss, lässt sich natürlich auch wieder unterteilen, bzw. verfeinern. Sonst wäre das alles ja zu einfach. „Der Energiefluss“ findet auf mehreren Ebenen statt. Energie fließ durch Gewebeschichten, Meridiane und durch Knochen. (vergl. Die 5 Stufen des Körpergefühls und Entspannung)

Wie können wir aber zur Natürlichkeit zurückfinden?

Im Fokus der Methode steht der Körper. Als „Anfänger“ identifizieren wir den Körper immer mit dem äußeren Körper, also das was wir anfassen können. Je tiefer wir in diese ganze Materie eindringen, können wir noch viele weitere Ebenen des Körpers wahrnehmen und erkennen, dass alles nur Energie in verschiedenen Zuständen ist.

Aber als erstes steht für uns der „äußere Körper“ im Vordergrund. Auf dieser Ebene müssen wir die folgenden Aspekte umsetzen:

Äußere Körper:                                              Koordination der Extremitäten

                                                                       Bewegungsgefühl entwickeln

                                                                       Gefühl für die Haltung/Struktur entwickeln

Haben wir das einigermaßen geschafft, können wir uns nur weiterentwickeln, wenn wir den Fokus auf die folgenden Aspekte lenken:

Ruhe und Entspannung:                                Der Köper muss entspannt und der Geist ruhig sein! Der                                                                 Geist darf sich also während der Übung nicht mit dem                                                                        „Tagesgeschäft“ befassen. Wir sollen nicht denken. Der                                                                 Geist muss wach und aufmerksam sein, für das was in                                                                unserem Körper passiert.

Energie:                                                         Je besser wir unseren Körper und Geist spüren und                                                                                    beruhigen können, desto besser können wir den                                                                                   Energiefluss in unserem Körper spüren und verstehen.

Die Natürlichkeit erreichen wir dann, in dem wir einfach nur noch „loslassen“ und Bewegung passieren lassen.

Diese Methode folgt dem Prinzip „10000 Gedanken durch einen zu ersetzen, um diesen dann loszulassen“.

Denn unser Geist braucht Beschäftigung! Wir sind es gewohnt zu denken und können gar nicht „nichtdenken“. Lernen wir äußere Bewegung neu, so müssen wir all die oben genannten Punkte umsetzen. Als Anfänger haben wir damit körperlich (körperliche Anstrengung) und geistig (Bewegung verstehen) sehr viel zu tun. Nach und nach werden uns die Bewegungen immer vertrauter, so dass wir kaum noch über die Bewegung nachdenken müssen. Also können wir unseren Geist nach und nach auf die Haltungsprinzipien konzentrieren. Körper und Geist haben etwas zu tun. Was kommt aber danach? Haben wir dann keine weitgreifende Idee von Bewegung und wenn wir dann unseren Geist nicht beruhigen können um mehr zu spüren, werden wir auch nicht mehr verstehen.

Vielleicht haben wir ja die richtige Idee von Bewegung, aber leider greift die Methode nicht weit genug, um die Idee umsetzten zu können. Dann wird unser Geist immer mehr ins deuten und beurteilen übergehen. Er bekommt ja durch das regelmäßige Üben immer mehr freie Kapazitäten. Je besser wir die äußeren Aspekte umsetzen können, desto freier wird unser Geist. Wir hören und lesen dann viel über die Theorie vom Kampf, von Energie, … um uns weiterzubilden. Allerdings „verkopfen“ wir dann die Bewegung immer mehr, statt sie zu spüren. Wir reden mehr über Bewegung, Energie, usw. statt aufmerksam zu üben. Unser Verständnis von Bewegung kann nur dann vertieft werden, wenn wir es schaffen den „einen Gedanken“, also z.B. den Gedanken an die Haltung, oder die Korrektheit der Bewegung, … loszulassen, um nur noch wach und aufmerksam passiv zu beobachten was in unserem Körper passiert. Sobald wir anfangen zu deuten, also z.B. uns fragen „war das gerade eben Energie“, usw. wird unser Geist wieder unruhig. Dem unruhigen Geist verschließt sich aber das, was in unserem Körper geschieht. Weiter gedacht: Dem unruhigen Geist verschließt sich auch das, was um uns herum geschieht. Aus Sicht der Kampfkunst ist das wiederum gefährlich, da wir dann meisten zu spät mitbekommen, dass ein Angriff droht.

Wie wir die drei körperlichen Aspekte umsetzen können, werde ich in einem weitern Artikel beschreiben. Ebenso, mit welcher Methode wir unsere Geist beruhigen können.