Warum nicht! Arbeit kann ja auch Spaß machen, bzw. Arbeit sollte Spaß machen!
Nein, im Ernst. Das Gefühl für unseren Körper geht uns immer mehr verloren. Dabei wurde in allen Kulturen, auch in den westlichen immer auf die Bedeutung der Einheit von Körper, Geist und Seele hingewiesen. Aber warum verlieren wir das Bewusstssein für unseren Körper?
Die Lebensweise in den Industrieländern wird immer bewegungsärmer. Bewegung ist aber der Zugang zu unserem Körper! Unser Körper ist ständig in Bewegung und in unserem Körper ist ständig Bewegung. Die nehmen wir nur nicht war, da unser Körpergefühl nicht fein genug ist.
Die meiste Arbeit verrichten wir im Sitzen vor dem Computer. Durch Schule, Ausbildung, Studium, sind wir es gewohnt, Probleme durch rationales Denken zu lösen. Alles, was wir uns rational logisch erklären können hört sich für uns gut an. Wir lieben es, aus diesem Denken Regeln für unser Leben abzuleiten, damit wir unsere Entscheidungen aus diesen Regeln erklären können. Diese Regeln geben uns Sicherheit und Halt. Die diffusen Körpersignale, die uns unser Körper sendet, verstehen wir oft erst, wenn wir wirkliche Schmerzen haben, vorher leider nicht. Wir spüren also nicht mehr, was wirklich gut für uns ist. Dieses mangelnde Körpergühl versuchen wir dann durch neue Regeln zu kompensieren.
Dadurch wird unser Leben immer „geregelter“ und wir haben ja gelernt uns an Regeln zu halten. Die Ernährungswissenschaft stellt Regeln auf, was wir essen sollen, wann wir essen sollen und wie viel. Wir könnten auch einfach auf unseren Körper hören! Dann würden wir merken, dass wir Hunger haben, wann wir genug gegessen haben. Wir würden merken, dass wir zu viel Fleisch essen, zu wenig Obst, … Ja, dass lässt sich wirklich „fühlen“.
Die Sporwissenschaft stellt Bewegungsregeln auf und definiert Ziele für uns.
Die Gesellschaft sagt uns, welches Auto wir fahren müssen um erfolgreich zu sein, wie ein gesunder Körper aussieht, …
Ich möchte jetzt nicht den Eindruck erwecken, dass ich die oben genannten Wissenschaften für überflüssig oder falsch halte! Aber die Regeln werden von vielen einfach nur übernommen und als absolut betrachtet. Dabei sind viele Regeln auch unter Wissenschaftlern umstritten. Regeln können eine grobe Richtung vorgeben, sollten aber nie unsere Körpersignale ersetzen. Leider passiert aber genau das! Je weniger wir unseren Körper spüren, desto mehr Regeln brauchen wir zur Orientierung.
Aber wie können wir aus diesem Kreislauf ausbrechen?
Ganz einfach: Durch Bewegung!
Allerdings ist Bewegung hier nicht mit Sport im Algemeinen gleichzusetzen. Beim Fußball,… bewegen wir uns auch, aber das Spiel ist wieder durch Regeln bestimmt und das Ziel ist nicht das Körpergefühl zu entwickeln. Die Mannschaft mit den meisten Toren hat gewonnen und „das Gewinnen“ ist das Ziel!
Ich meine aber bewusste Bewegung, Körperarbeit!
Das Prinzip der Körperarbeit lässt sich z.B auch auf das Joggen übertragen! Viele joggen einfach los, weil es Spaß macht! Gut so! Dann fangen aber die meisten an, „Leistungsdaten“ zu messen. Der klassische Fall ist Strecke und Zeit. Je schneller wir laufen, desto besser sind wir geworden. Das meinen wir! Dann können wir noch mit Gewichten laufen, usw. Allerdings können wir durch Laufen auch unseren Gelenken schaden, da wir meistens nicht auf eine gute Lauftechnik achten. Das wäre der erste Schritt zur Körperarbeit. Wir würden zuerst wieder mehr Zeit für die Strecke brauchen, später aber wenn wir die Lauftechnik verbessert haben, fällt uns das Laufen leichter. Wir merken, das uns die Gelenke nicht mehr zu Weh tun, dass wir uns besser von der Straße abdrücken können, … Diese Wahrnehmungen können wir dann auch in unserem Alltag umsetzen. Das wäre eher eine Körperarbeit, die durch eine Korrektur von außen uns ein anderes Körpergefühl vermittelt. Die erste Korrektur der Lauftechnik wird sich auf die Stellung der Gelenke betreffen, so dass wir diese schonen und unsere Muskulatur effektiver einsetzen können. Es gibt aber auch verschiedene Laufstile. Wir können auch lernen, neben der Muskulatur auch das Fasziengewebe mit einzusetzen. Das fühlt sich wieder anders an und auch dieses Gefühl können wir wieder in unseren Alltag mitnehmen.
Sind wir schnell und viel gelaufen, arbeitet unser Kreislauf auf Hochtouren. Das fällt uns oft erst zum Schluss auf! Dann spüren wir den Herzschalg, den Pulsschlag und das Pulsieren des ganzen Körpers. Dieses Pulsieren ist aber immer da, nur wir spüren es nicht! Wir könnten also anfangen beim Laufen darauf zu achten! Ab wann spüre ich es? Wie fühlt es sich an, wenn das Pulsieren noch nicht so stark ist. Kontrollieren wir unseren Puls aber mit technischen Hilfsmitteln, so ist unsere Aufmerkasmkeit nicht auf diesen Aspekt fokussiert. Das wird uns also nicht helfen! Nach und nach können wir es auch im Alltag spüren und leichte Veränderungen wahrnehmen. Wir würden dann merken, welche Ereignisse unseres Alltages Einfluss auf unseren Kreislauf haben. Wir würden also merken, welche Ereignisse uns aufregen und welche nicht. Wir müssten dann nur noch unterscheiden welche Aufregung gut für uns ist und welche nicht!
Wer trainiert aber so achtsam? Die meisten hören Musik und hängen ihren Gedanken nach! Inzwischen sehe ich auch immer mehr, die beim Laufen telefonieren. Welches Ziel wird dann mit dem Training verfolgt? Mit Sicherheit nicht das der bewussten Bewegung.
Was macht also dann die Körperarbeit aus?
Die erste Stufe der Körperarbeit bezieht sich immer auf die Muskel- und Sehnenstruktur des Körpers und trainiert die Koordination. Die Übungen sind allerdings so gestaltet, dass immer nur die reine Bewegung im Vordergrund steht. Bei der Ausübung der Bewegung wird der Fokus immer auf die Körperwahrnehmung gelenkt und die Teinlnehmer bekommen „Beobachtungsaufgaben“. Die Übungen werden nach und nach variiert! Mal werden sie immer langsamer ausgeübt, mal wieder schneller. Übungen werden teilweise so weit reduziert, das wir die Funktionsweise einzelner Gelenke verstehen können. Danach werden die Übungen wieder komplexer, um das Gespürte zu übertragen. Aus einzelnen Übungen werden komplexere Übungsabläufe. Aber beim Praktizieren der Bewegungen achten wir immer auf unseren Körper. Wir versuchen Veränderungen wie Musklebelastung, Körperspannung, Fußsohlenbelastung,… wahrzunehmen. Neben konkreten Beobachtungsaufträgen werden die Übungen durch spezielle Atemtechniken ergänzt. Der Körper wird somit nach und nach kräftiger, beweglicher und geschmeidiger. Unsere Koordinationsfähigkeit steigt genauso wie die Konzentrationsfähigkeit. Durch die Konzentration auf die Bewegung beruhigen wir unsere Gedanken, wir können entspannen, auch wenn die Übungen zum Teil sehr anstrengend sind. Unser Körpergefühl wird nach und nach besser, so dass wir auch im Alltag immer präsenter werden und unseren Körper bewusster einsetzen können. Körper und Geist werden immer mehr zu einer Einheit, so dass wir z. B. nach und nach lernen unser Körpersprache bewusster einzusetzen.
Aber: Wir trainieren nicht um unsere Körpersprache zu entwickeln, sondern weil es Spaß macht! Der Rest passiert dann automatisch!
Haben wir dann so eine Zeit lang trainiert und körperlich einen „guten Zustand“ erreicht, dann nehmen wir unseren Körper auch wieder wahr und haben einen Zugang zu ihm.
Mit diesem Zugang lenken wir dann unseren Fokus aus unser Fasziengewebe. Durch spezielle Übungen und Techniken erarbeiten wir uns die Bewegungsprinzipien des Fasziengewebes. Das Training des Fasziengewebes ist eine ganz neue Bewegungsebene, welche in den wenigsten Sportarten bewusst erreicht wird. Spätestens auf dieser Ebene ist die Körperarbeit mehr als nur Bewegung. Das Fasziengewebe kann aber auch als Sinnesorgan aufgefasst werden. Das Gefühl für unser Fasziengewebe eröffnet uns ein sehr tiefgreifendes Körpergefühl. Auf dieser Ebene können wir anfangen mit Konzepten, wie z. B. der Yin & Yang Theorie, unser Körpergefühl feiner zu differenzieren. Wichtig ist nur, dass wir diese beiden Zustände körperlich spüren können. Erst dann können wir diese Theorie wirklich verstehen. Nach und können wir weitere Zusände in unserem Körper spüren. Wir können unterscheiden, ob sich unser Körper ausdehnt oder zusammenzieht, ob eine Bewegung im Körper nach oben oder nach unten stattfindet. Ab dann können wir zusätzlich mit dem Konzept der 5 Elemente aus der traditionellen chinesischen Medizin arbeiten.
Ein so geschultes Körpergefühl, hilft uns nicht nur körperlich gesund zu bleiben, sondern es kann uns in allen Bereichen unseres Alltags helfen. Wie oft müssen wir an einem Tag Entscheidungen treffen? Meistens versuchen wir klare Entscheidungen zu umgehen. Allerdings belastet uns so ein Schlingerkurs mehr, als das er uns hilft. Es gibt Entscheidungen, die rein rational getroffen werden. Das sind einfache Entscheidungen, die uns keine Probleme bereiten. Also z.B. zu welchem Zinssatz wir einen Kredit aufnehmen, … Fehlen uns aber rationale Entscheidungskriterien fällt uns die Entscheidungsfindung oft schwer. Natürlich kennen wir Sprüche wie „Höre auf dein Bauchgefühl“, oder „Höre auf dein Herz“! Aber wer hört denn seinen Bauch oder sein Herz? Die Sprüche Können wir aber wirklich wörtlich so auslegen. Wir müssen nur wieder lernen unsere Körpersignale zu hören und zu verstehen. Ein Weg dazu ist die Körperarbeit! Körpersignale zu verstehen hilft uns in allen Bereichen, vor allen aber auch in allen zwischenmenschlichen Bereichen.
Körperarbeit kann unseren Alltag bereichern, ihn verständlicher machen und auch verändern! Allerdings ist das nicht das Ziel der Körperarbeit. Das Ziel ist einfach nur das Gefühl für unseren Körper zu verfeinern. Alles andere passiert automatisch. Sobald wir anfangen uns diese „Nebeneffekte“ als Ziel zu setzen, sind wir nicht mehr frei für unser Körpergefühl.
Also wie immer: Der Weg ist das Ziel!
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