Stress – Hektik & Körpewahrnehmung

Veröffentlicht in: Faszien, Gesundheit, Körpergefühl | 0

Körperwahrnehmung, den Körper spüren, Körperbewußtsein, … stehen zur Zeit hoch im Kurs. Es gibt viele Suchanfragen zu dem Thema im Internet, immer mehr Kursangebote machen mit diesen Schlagworten Werbung.
Woran liegt das wohl?
Natürlich gibt es darauf nicht DIE eine Antwort, viele Gründe kommen da in Frage.
Unsere Gesellschaft befindet sich im Wandel von der Industriegesellschaft hin zu einer Informationsgesellschaft. Wissen, Information, Kommunikation – alles Kopfarbeit – sind die neuen Ressourcen unser Gesellschaft. Dabei stört unser Körper. Schon als Kind wird uns beigebracht nicht mehr auf unseren Körper zu hören. Sitz still, jetzt wird nicht getrunken oder gegessen, erst die Hausaufgaben,… Die Kinder sind von 8 bis 16.30 Uhr in der Schule und leider wird die Schule nur als Denkfabrik und weniger als Lebensraum begriffen. Bewegung hat dort kein Platz! Es gibt zu wenig Raum für Bewegung, zu wenig Zeit für Bewegung und zu wenig Bewußtsein für Bewegung.
In der Arbeitswelt geht es dann munter weiter. Wir sitzen viel vor dem Computer, eilen von Termin zu Termin, hier noch ein Meeting, dort eine Telefonkonferenz. Gegessen wird oft zwischendurch, oder mit Kollegen mit denen wir dann über die Arbeit sprechen. Abends sind wir dann kaputt und müde und haben ein schlechtes Gewissen, weil wir wieder nicht zum Sport gekommen sind. Sport!? Da haben wir direkt das nächste Problem! Was verstehen wir unter Sport? In der Schule lernen wir verschiedene Sportarten und das wir trainieren müssen, um Leistung zu bringen. Sportvereine sind oft an Leistungszentren gebunden. Wenn die sportliche Leistung nicht im Vordergrund steht, dann sind es ästhetische Aspekte. Warum? Weil wir daran unseren Erfolg messen können. Entweder können wir mit unserer sportlichen Leistung prahlen, sie in einem Video zur Schau stellen, oder wir stellen unseren fettfreien, muskulösen Körper zur schau!
Aber mit Körperbewußtsein hat das nicht viel zu tun. Denn gerade beim Leistungssport lernen wir nicht auf unsere Körperbedürfnisse zu hören. Der Trainingsplan muss umgesetzt werden!
Der Körper verliert immer mehr an Bedeutung, er verkommt in unserem Bewusstsein zu einer leeren Hülle! Die Hülle pflegen wir zwar, indem wir Kosmetik benutzen, leichte Korrekturen vornehmen im Fitnesstudio oder beim Arzt, … Aber wir verlieren immer mehr das Gefühl für unseren Körper als Ganzes! Die Gesellschaft gibt uns vor, wie ein gesunder, perfekter und erfolgreicher Körper auszusehen hat.
Er muss funktionieren, er darf nicht schmerzen und soll nach Möglichkeit den gesellschaftlichen Normen entsprechen. Im Prinzip wie ein Auto, das wir benutzen um von A nach B zu kommen, mit dem wir einfach mal eine Spritztour machen und angeben können. Am Samstag wird es geputzt, bzw. wir fahren durch die Waschanlage, dann können wir sitzen bleiben.

Aber unser Körper funktioniert zum Glück nicht so! Unser Körper hat auch Bedürfnisse! Das spüren wir vereinzelt und dann fallen uns Begriffe wie Körperbewußtsein, …, die wir googlen können, wieder ein. Am nächsten Tag sind wir dann aber wieder in unserem Hamsterrad gefangen und alle guten Vorsätze werden wieder verdrängt.

Aber: Unser Körper wird sich durchsetzen! Je eher wir das begreifen, desto geringer werden die Folgen sein.
Mögliche Folgen können Rückenschmerzen, Verspannungen, Depressionen, Burnout, Bluthochdruck, Diabetis, … sein.

Wie können wir aber wieder lernen auf unseren Körper zu hören, lernen ihn wieder wahrzunehmen?
Die erste Frage die wir uns stellen sollten ist die, ob wir das wirklich wollen! Denn Körperbewußtsein heißt ja auch auf die Signale des Körpers zu HÖREN, sich also auch danach zu richten! Denn sonst höre ich sie, nur um sie wieder zu verdrängen. Das macht keinen Sinn, sondern schaft nur ein schlechtes Gewissen.

Wir sollten also bereit sein auch etwas in unserem Leben zu verändern. Das heißt jetzt nicht, dass wir unseren Job kündigen und auswandern müssen. Aber wir sollten bereit sein, uns und unsere Einstellungen zu überdenken. Denn es reicht eben nicht aus, „Bewegungspausen“ in unseren Alltag einzubauen.
Körperbewußtsein kann sich nur einstellen, wenn wir unseren Körper auch wirklich fühlen können. Unser Körpergefühl können wir nur verfeinern, indem wir entspannen und unseren Körper trainieren.

Den Körper trainieren:

Das geht nur durch Bewegung! Da die Körperbewegung im Vordergrund steht, sollten die Bewegungen auf das Wesentliche reduziert sein. Je einfacher die Bewegung, desto schneller kann sie automatisiert durchgeführt werden und unser Focus kann auf unseren Körper gerichtet werden. Bei Ballsportarten laufen die Bewegungen auch automatisiert ab, aber der Focus ist auf den Ball gerichtet, danach auf den Gegener, die Mannschaft, …
Da die Bewegungen langsam und bewusst durchgeführt werden müssen, um Zeit zu haben den Körper zu „beobachten“, bieten sich Qi Gong, Yoga, Tai Chi, Kung Fu, aber auch andere westliche Übungssysteme wie die von Ido Portal, Al Kavadlo,…
Allerdings dürfen wir unsere Gedanken nicht einfach frei laufen lassen, wir brauchen eine „Beobachtungsaufgabe“, die unser Bewusstsein auf die Bewegung und unseren Körper lenkt. Dadurch verstärken wir die Vernetzung zwischen unserem Gehirn und unserem Körper. Die Vernetzung drückt sich durch ein gesteigertes Körpergefühl und eine bessere Körpewahrnehmung aus.

Körpergefühl verfeinern

Die Idee von Bewegung bestimmt, wie tief unsere Körpergefühl wird. Generieren wir jede Form von Bewegung in unsere Vorstellung nur durch Muskelkontraktion, so werden wir auch nur das spüren. Dieses Bewegungsbild können wir verfeinern, wir können lernen einzelne Muskel anzusteuern, aber eben nur die Muskeln! Körpewahrnehmung und dementsprechend auch das Körpergefühl finden nur auf der muskulälren Eben statt.
Wenn wir über Bewegung tiefere Ebenen erreichen wollen, brauchen wir auch eine weitreichendere Vorstellung von Bewegung, um diese tieferen Ebenen zu erreichen. Bewegung kann auch über das Fasziengewebe gesteuert werden. Mit der richtigen Vorstellung und entsprechenden Beobachtungsaufgaben können wir unseren Körper soweit trainieren, dass wir dieses Bewegungskonzept umsetzten können. Wir spüren dann, dass die Bewegung anders ist, obwohl sie äußerlich gleich aussieht.
Wichtig: erst wenn wir dieses Veränderung wirklich körperlich spüren, haben wir durch Bewegung und körperliches Training geschafft unser Körpergefühl zu verfeineren. Wir spüren das Fasziengewebe in unserem Körper, so wie wir vorher die Muskeln gespürt haben.
Mehr noch: Wir lernen das Gewebe bewusst anzusprechen um Bewegung und Entspannung zu provozieren.
Haben wir es bis dahin geschafft, brauchen wir wieder eine tiefere Idee von Bewegung!

Durch die erste Bewegungsumstellung Weg von dem muskulären Fokus, hin zum Faziengewebe führt uns vor Augen, dass wir durch Die Verbindung von Bewegung und Vorstellung es schaffen können, andere Bewegungskonzepte in unserem Körper zu entdecken und zu auszuarbeiten.
Das ist das Konzept von Körperarbeit!

Entspannung vertiefen

Das Vertiefen von Entspannung ist immer ein Wechslespiel zwischen einer körperlichen und einer mentalen Umstellung.
Erst wenn wir körperlich spüren, was Stress in unserem Körper auslöst, verstehen wir wie wichtig es ist, diesen abzubauen. Aus dieser Einsicht können wir dann die Motivation und die Energie ziehen, um tatsächlich etwas zu verändern.
Aber was müssen wir ändern? Eine gängige Meinung ist, dass wir, um Stress abzubauen, auf berufliche Erfolge, … verzichten müssen. Am besten kaufen wir uns einen Ökobauernhof um „auszusteigen“. Aber jeder der sich selbständig gemacht hat, egal womit, weiß, dass das viel Arbeit ist. Vielleicht erfüllt uns die Arbeit auf dem Ökobauernhof mit mehr Zufriedenheit, weil wir mehr Sinn in dieser Arbeit sehen, aber das ist ein anderes Thema. Denn wenn meine mentale Konditionierung immer noch auf Leistung jetzt und sofort ausgerichtet ist, werden wir genau den gleichen körperlichen Stress spüren!
Seit der Kindheit hören wir Sprüche wie:“Erst die Arbeit, dann das Vergnügen!“, „Du muss erst einmal was Leisten, dann darfst du mitreden“.
Zusätzlich liegt der Gesellschaftliche Druck schwer auf unseren Schultern. Eine Gute Ausbildung mit einem Notenschnitt von 1,0 muss schon es sein, da man sonst keinen guten Job bekommt. Selbst wenn man einen guten Job hat, haben wir Angst diesen zu verlieren. Wir können es nicht ertragen, wenn andere eher befördert werden, ein besseres Auto fahren, wir meinen ständing erreichbar sein zu müssen,… Diese Mischung aus Leistungsdruck, Unsicherheit und Angst wirkt sich natürlich auch auf unseren Körper aus. Der Körper zieht sich zusammen, d.h die Körperspannung wird stärker. Beobachten Sie mal ihre Körperspannung bei einem spannenden Film! Die ist mit Sicherheit anders als bei einem schön Naturfilm! Wenn ihr ganzes Leben ein Thriller ist, so wird sich ihre Körperspannung dieser Lebenssituationen anpassen.
Also machen wir Sport! Allerdings sind wir so auf Leistung gepolt, dass wir diese auch im Sport bringen wollen. Beobachten Sie sich mal selbst! Wenn Sie mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren und von einem anderen Fahrrad überholt werden, oder Sie werden beim Joggen überholt, … Das können die meisten nur schwer ertragen. Also wird so trainiert, dass das möglichst nicht mehr passiert. Morgens auf dem Weg zur Arbeit können wir den Weg nur genießen, wenn wir am schnellsten sind, sonst sind wir schlecht drauf. Schauen Sie sich die Videos auf Youtube an! Wahnsinn, wie einige mit dem Mountainbike, BMX, Snowboard, usw. umgehen können. Ich schaue mir diese Videos auch gerne an, würde das auch gerne können. Aber mal ehrlich, was glauben Sie wie lange Sie brauchen würden, um ihr Adrenalin nach einer Downhillfahrt wieder auf Normalmaß zu bekommen!

Also: Körperspannung wie beim Thriller!

Wenn Sie den Weg mit dem Fahrrad zur Arbeit genießen, indem Sie die frische Luft bewusst einatmen, die Ausblicke genießen, die Sonne oder den Regen im Gesicht, dann wird Ihre Körperspannung eher der Naturfilmkörperspannung gleichen. Sie kommen entspannter an, nehmen ihr Umgebung viel mehr wahr und können stressfrei anfangen zu arbeiten. Stressfrei und entspannt sind wir viel leistungsfähiger! Zusätzlich nehmen wir auch die sinnlose Hektik der anderen Menschen um uns herum war. Haben wir das wirklich einmal erfahren, dann sind wir motiviert uns auch mental zu bewegen!

Aber wie schaffen wir die Umstellung.
Indem wir uns vornehmen zu bestimmten Zeiten zu trainieren, auch wenn wir eigentlich meinen keine Zeit zu haben. Das Training gehört dann zu unserem Alltag, genauso wie Schlafen, Zähneputzen, … Dann werden wird bewusster trainieren können, da wir vom Tag nicht so ausgelaugt sind. Um aus dem Training Kraft zu schöpfen, sollten wir uns keine Trainingsziele setzen, damit wir einfach nur mit Spaß trainieren. Wir trainieren weil es uns gut tut und nicht um irgendwelche Ziele zu erreichen!
Training als Pause um neue Energie zu schöpfen, nicht um überschüssige Energie abzubauen! Training als Zeitraum um dem eigenen Körper Aufmerksamkeit zu schenken, nicht um einfach nur Kalorien zu verbrennen.

Die Trainingsmethode sollte so ausgelegt sein, dass wir einen mentalen Zugang zu unserem Körper bekommen. Dieser Zugang sollte so tief sein, dass wir durch Vorstellung jede Region in unserem Körper entspannen können. Diese Entspannung ist nicht nur eine gedachte, sondern unsere Vorstellung löst eine konkrete, reale & fühlbare körperliche Reaktion aus. Wenn wir diesen Zusammenschluss zwischen Vorstellung und unseren Körper hergestellt haben, dann können wir Stresszustände sofort bemerken, da unser Körper darauf reagiert. Diese Reaktion können wir dann richtig deuten und durch unsere Vorstellung regulieren.

Es ist wichtig, dass wir das Wechselspiel zwischen Körperspannung und mentaler Verfassung nicht nur logisch verstehen, sondern auch körperlich. Erst dann haben wir einen Zugang gefunden, um aus dem Hamsterrad aus Leistungsdruck, Existenzangst und Unsicherheit auszubrechen. Wir lernen auf unseren Körper zu hören, so dass dieser entspannt ist. Ist unser Körper entspannt, so können wir auch mental entspannen. Das heißt aber nicht, dass wir nicht mehr in der Lage sind Leistung zu bringen. Ganz im Gegenteil! Sie kennen den Spruch:

„In der Ruhe liegt die Kraft!“

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