Übungsmethodik
Die Methodik ist eigentlich recht einfach und umfasst im wesentlichen 4 Aspekte:
Entspannung, damit wir überhaupt in der Lage sind Neues in unserem Körper zu spüren.
Verspannungen in den Muskeln und Faszien lösen.
Ein Gefühl für die Bewegung im Fasziengewebe entwickeln.
Die richtige Vorstellung entwickeln.
Die vier Aspekte lassen sich nicht voneinander trennen, da sie sich gegenseitig beeinflussen. Aber um es nicht ganz so kompliziert zu machen, werde ich sie einzelnd erklären.
Entspannung:
Allein zu diesem Thema könnte man ganze Bücher schreiben. Aber keine Angst ich werde mich kurz fassen. Das wichtigste ist, zu wissen was mit Entspannung gemeint ist. Entspannung heißt nicht mit einer Flasche Bier auf dem Sofa lümmeln und Fernsehen zu gucken. Das ist ausruhen, bzw. abhängen/chillen!
Körperliche Entspannung heißt, dass wir immer den optimalen Zustand zwischen Spannung und Nichtspannung herstellen und zwar in jeder Position.
Ein Gewichtheber kann während seiner Übungen entspannen, indem er seine Muskulatur nur in dem Maße beansprucht, wie er sie für das Heben den Gewichtes benötigt. Alles andere sollte er entspannen. Er sollte nicht denken, den zu viel denken verursacht Stress. Stress übt über das Fasziengewebe eine Spannung auf unseren Körper aus. Unser Spannungszustand erhöht sich.
Zu starke Emotionen wirken sich ebenfalls auf den Spannungszustand unseres Körpers aus. Aber keine Angst, würde dürfen uns freuen, dürfen trauern, …, wir sollen es nur nicht übertreiben!
Probieren Sie es aus! Machen Sie eine Wanderung zu einem schönen Ort und genießen Sie die Aussicht. In diesem Moment spüren Sie Ihren Körper, da Sie sich angestrengt haben. Wenn Sie im sitzen die Aussicht genießen, denken Sie nicht. Diese körperliche und geistige Ruhe führt Sie in einen tiefen, sehr angenehmen Entspannungszustand.
Wir müssen also ein Gefühl dafür entwickeln, was eine natürliche Beanspruchung ist, und was wir, aus welchen Gründen auch immer, noch extra an überflüssiger Spannung hinzugeben. Diese zusätzliche Spannung kann Ausdruck von mentaler Verspannung oder emotionale Verspannung sein. Diese Ebenen von Entspannung dürfen wir nicht vergessen. Für die körperliche Entspannung brauchen wir aber auch Kraft. Je nach Position mehr oder weniger. Entspannung kann also, je nach Position, anstrengend sein.
Paradoxer Weise entspannen sich viele nicht unbedingt bei Entspannungsübungen. Das Problem ist, dass die meisten zu Beginn entspannen können. Je mehr sie allerdings über Entspannung, Energiearbeit, … wissen, desto mehr wollen sie es erleben. Das Problem wird dann das „Spüren wollen“. Der „Geist“ begibt sich dann auf die Suche und wir verkrampfen weil wir uns Übungsziele gesetzt haben, die wir schnell erreichen wollen!
Verspannungen
Verspannungen können sowohl im Muskelgewebe, wie auch im Fasziengewebe auftreten. Der menschliche Körper macht es uns in seiner Komplexität nicht gerade einfach, deswegen gibt es auch bei Muskel- bzw. Faszienverspannungen wieder eine wechselseitige Beziehung. Hauptursachen sind Stress, zu wenig Bewegung, einseitige Bewegung, falsche Haltung, … Viel wichtiger als mögliche Ursachen zu benennen, ist für mich der Aspekt, wie wir Verspannungen wieder auflösen können. Erst dann sollte man versuchen individuell zu klären, wie man eine erneutes Auftreten verhindern kann.
Der wichtigste Aspekt zum Auflösen von Verspannungen ist Bewegung. Die Bewegungen sollten bewusst, langsam und mit entspanntem Geist ausgeführt werden. Weiter sollten die Bewegungen immer möglichst viele Muskelketten ansprechen. Sehr gute Erfolge erziele ich bei meinen Kursteilnehmern mit den Qi Gong Systemen „Luo Han Gong“ und dem „Tai Chi Dao Yin“. Hierbei handelt es sich um Qi Gong in Bewegung, mit z.T. körperlich anstrengenden Übungen. Da bei diesen Übungen gezielt auch das Fasziengewebe angesprochen wird, können Verspannungen in beiden Bereichen gelöst werden. Das Lösen muss immer durch individuelle Haltungskorrektur unterstützt werden.
Ein Gefühl für Bewegung entwickeln
Das Gefühl für Bewegung verfeinert sich mit zunehmender Entspannung. Vergleichen lässt sich dies mit einem großen Eiswürfel. Stoßen wir einen Eiswürfel an, so bewegen sich die Wassermoleküle. Da ihre Bindung allerdings so fest ist, sehen wir die Bewegung mit bloßen Augen nicht und spüren werden wir sie auch nicht. Aber: Die Bewegung ist da! Fügen wir dem Eiswürfel nach und nach mehr Energie zu, so wird er zu Wasser. Im Wasser sehen wir dann die Bewegung als Welle und können sie sogar spüren.
Sammeln wir also mehr Energie in unserem Körper und lösen unnatürliche Spannungen auf, so werden die Bewegungen in unserem Körper deutlicher und somit einfacher zu spüren.
Allerdings geschieht dies nicht automatisch. Wir müssen mit unserer Aufmerksamkeit bei den Bewegungen sein. Denken wir zu viel, so ist unsere Aufmerksamkeit nicht bei der Bewegung. Wollen wir unbedingt etwas spüren, so verkrampfen wir wieder. Die Bewegungen müssen von uns aufmerksam und absichtslos begleitet werden. Erst dann können wir die Feinheiten der Bewegungen in unserem Körper spüren. Damit wir das, was wir dann wahrnehmen richtig einordnen können und auf anderes übertragen können, brauchen wir eine richtige Idee/Vorstellung von Bewegung.
Eine Idee von Bewegung
Die eine Idee/Vorstellung von Bewegung gibt es meiner Meinung nach nicht. Bewegung und was wir mit Bewegung alles verbinden, ist sehr durch unseren Alltag geprägt. Die Fitnessbranche, Sportmedizin, … beeinflussen unsere Vorstellung von Bewegung. Ich würde sogar soweit gehen, dass unsere Vorstellung von Bewegung dadurch limitiert wird. Andere sagen uns was geht und was nicht geht. Aber was ist, wenn diese Personen auch eine begrenzte Idee von Bewegung haben? Ein entschiedener Aspekt für eine weitreichende Vorstellung von Bewegung ist unsere Körpergefühl. Wenn wir unser Körpergefühl immer weiter verfeinern, werden wir auch Bewegung anders wahrnehmen. Spüren Sie die Bewegung ihre Organe? Oder spüren Sie ihre Organe nur wenn sie Schmerzen? Warum sollten wir Teile unseres Körpers nur spüren, wenn Sie schmerzen? Das macht für mich keinen Sinn.
Wenn also Gefühl für unser Faziengewebe vorhanden ist, können wir Bewegung auf dieser Ebene neu verstehen. Verfeinern wir unser Körpergefühl weiter, so werden wir Bewegung auf Ebene von Flüssigkeit verstehen, usw.
Dann werden wir verstehen, dass in allen Vorstellungen ein Prinzip enthalten ist, nämlich das Tai Chi Prinzip.
Um meine Bewegungsidee auf der Faszienebene zu erklären, verwende ich ein breites Gummiband, welches das Fasziengewebe darstellen soll.
Ich möchte jetzt nicht falsch verstanden werden, wenn ich meine persönliche Bewegungsidee hier vorstelle. Die hier vorgestellte Idee wird mit Sicherheit keiner wissenschaftlichen Probe standhalten. Muss sie allerdings auch nicht. Sie soll zu einem tieferen Bewegungsverständnis anregen. Die von mir vorgestellten Modelle haben mir sehr geholfen, diese Ebene zu verstehen. Vielleicht helfen sie auch Ihnen!
In einem Gummiband gibt es zwei Möglichkeiten Energie zu übertragen:
Durch eine Zugspannung
Durch Torsionsspannung.
Unser ganzer Körper ist von diesen Faszien durchzogen, die Muskeln und Organe sind umgeben von Faszien. Die Grundidee ist, dass wir über das Fasziengewebe jeden Teil des Körpers erreichen können. Durch Streckung können wir eine Zugsannung auf das Fasziengewebe übertragen. Das lässt sich sofort spüren: Stellen Sie sich locker hin und entspannen Sie sich. Strecken Sie nun leicht, aber schon mit Nachdruck, Ihre Finger bis in die Fingerspitzen. Mit den Zehen „greifen“ Sie in den Boden. Sie haben nun eine leichte Zugspannung von den Zehen bis in die Fingerspitzen im Körper. Diese lässt sich spüren. Vielleicht spüren Sie ein leichtes Ziehen, oder Sie fühlen Ihre Finger/Zehen deutlicher,…
Torsionsspannungen lassen sich durch Drehungen erzeugen. Stellen Sich sich wieder wie eben hin, Finger gestreckt und die Zehen greifen in den Boden. Entspannen Sie noch einmal bewusst, ohne aber die Streckung der Finger bewusst aufzugeben. Drehen Sie nun die Handflächen so weit wie es geht. Halten Sie die Drehung und spüren Sie in Ihren Körper. Diese Spannung werden Sie mit Sicherheit deutlicher spüren, als die Zugspannung. Versuchen Sie nun zu Entspannen, ohne aber die Drehung der Handfläche zurückzunehmen. Zu Beginn werden Sie die Spannung hauptsächlich in den Unterarmen spüren. Wenn Sie aber weiter entspannen, ohne die Drehung zurückzunehmen, können Sie der Spannung weiter nachspüren. Sie läuft den Arm hoch, über die Schultern und dem Rumpf, bis zu den Füßen. Je feiner Ihr Körpergefühl ist, desto feiner lässt sich „der Weg“ der Spannung fühlen. Aber für den Anfang reicht es schon, wenn Sie überhaupt spüren, dass etwas an Ihren Füßen „ankommt“.
In Normalfall werden Sie das nämlich nicht spüren! Dafür gibt es allerdings auch Gründe:
Sie sind noch nicht entspannt genug und haben Blockaden. An den Stellen, wo Sie Muskelversapnnungen haben, ist der Druck auf Ihr Fasziengewegen höher. Die Torrsionsspannung kann dort nicht durchfließen. Stellen Sie sich das vor, als ob ein Stein auf dem Gummiband liegt. Die Torrsion kommt nicht an dem Stein vorbei. Durch Bewegungsmangel, kann es auch vorkommen, dass das Fasziengewebe verdickt. (Link) dadurch ist es nicht mehr so elastisch, so dass sich das Gefühl für die Torrsion auch an solchen Stellen verlieren kann.
Diese Wahrnehmung im Körper ist für viele etwas Neues. Sie müssen ersteinmal ein Bewusstsein dafür entwickeln.
Für beides eignen sich die Übungen aus dem Tai Chi Dao Yin System hervorragend. Durch das intensive Üben lernen Sie natürliche Spannungen im Körper aufzubauen. Das sind Spannungen, die in natürlicher Weise bei Bewegungen auftreten. Unnatürliche Spannungen, wie z.B. hochgezogenen Schultern, lernen Sie durch Entspannung zu vermeiden. Das intensive „Ziehen“ und „Verdrehen“ des Faziengewebes lässt Verdickungen schmelzen. Die Wahrnehmung kann also immer feiner werden und Sie lernen, wie Sie die Dynamik des Fasziengewebes für Bewegungen, z.B. in der Kampfkunst, nutzen können.
Gleichzeitig wird durch den gesteigerten Entspannungszustand und die verfeinerte Wahrnehmung der Grundstein für die nächste Stufe gelegt: Energietransport in Flüssigkeiten.
Interessant ist auch das folgende Video, in welchem Dr. Schleip genau die gleichen Aspekte von Bewegung aufgreift, allerdings von einem ganz anderem Ausgangspunkt. Er ist einer der weltweit führenden Forscher im Bereich der Faszien.
[youtube=http://www.youtube.com/watch?v=6sRImRMc_EM]
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